Bekenntnisse - Bekenntnisschriften der Reformation


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Bekenntnisschriften sind eine Zusammenfassung christlicher Lehraussagen, mit denen eine verfaßte Kirche ihre Glaubensgrundlagen formuliert, ihre Verkündigung normiert und sich gegenüber abweichenden Lehrinhalten abgrenzt. Sie verdanken ihre Entstehung meist konkreten theologischen und kirchlichen Auseinandersetzungen, in deren Folge die Identität der Kirche(n) durch eine klare Definition zwischen rechter und falscher Lehre, Glaube und Irrglaube verteidigt oder neu bestimmt werden mußte (so z.B. im Streit um den rechtfertigenden Glauben in der Reformationszeit oder dem Kirchenkampf im Nationalsozialismus).



Lutherische Bekenntnisschriften

Zu Bekenntnisschriften im Sinne einer eine bestimmte Konfession begründenden Urkundensammlung kam es erst im Zuge der luth. Reformation im 16. Jh.

Die Bekenntnisse der lutherischen Reformation wollten von ihrer ursprünglichen Intention her keine territorial begrenzten »konfessionellen Abgrenzungsdokumente« einer von Rom getrennten Sonderkirche sein, sondern beanspruchten im Gegenteil, »ökumenische« Bekenntnisfeststellungen der einen katholischen Gesamtkirche zu sein. Ihr Selbstverständnis ist es, die eine wahre Kirche zu reinigen und zu erneuern. Diese Sicht trägt ihre Wurzeln im Verständnis Luthers von seinem eigenen Reformwerk. Der Reformator verstand sich bis zu seinem Tode als katholischer Christ, d.h. als Glied der einen ecclesia apostolica catholica. Seine grundsätzliche Anerkennung und Wertschätzung der drei altkirchlichen Bekenntnisse (Nicaeno-Konstantinopolitanum, Apostolikum, Athanasianum) war nicht nur ein vom Reichsrecht (vgl. Justinian I.) geforderter Loyalitätserweis, sondern Ausdruck seines in bewußter Kontinuität zu den Vätern stehenden Glaubens.

Das öffentliche Bekennen aus der Bedrängnis des Glaubens heraus war von Anfang an ein Wesenszug der sich auf das Wort Gottes berufenden reformatorischen Bewegung. Als Luther 1528, von schwerer Krankheit gezeichnet, seinen baldigen Tod erwartete, wollte er angesichts der Auseinandersetzungen um das Abendmahlsverständnis sein Lebenswerk mit einem persönlichen Bekenntnis (»Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis«) abschließen, um eventuell Mißverständnisse und Streitigkeiten um sein theologisches Vermächtnis zu vermeiden. Dieses aus persönlicher Anfechtung heraus geborene Bekenntnis wurde neben den Marburger, Schwabacher und Torgauer Artikeln zur Grundlage des von Philipp Melanchthon verfaßten Augsburger Bekenntnisses von 1530 (Confessio Augustana) letztlich sind die kirchliche und politische Not auch die Entstehungsmotive der CA, da ein Grundbekenntnis vom Kaiser für die auf dem Augsburger Reichstag zu verhandelnde Religionsfrage von den protestantischen Reichsständen eingefordert wurde. Das Ziel der Reichsstände, mittels des Bekenntnisses ihre Katholizität unter Beweis zu stellen, prägte den gegenüber Rom äußerst versöhnlichen Charakter der Schrift. Die CA ist vielleicht der stärkste Ausdruck des reformatorischen Willens zur Ökumene.

In den ersten 21 Artikeln werden die Lehrpunkte herausgestellt, in denen man sich mit Rom im Konsens befindet (u.a. Rechtfertigung!). In den Artikeln 22-28 wurden dann die Punkte benannt, die »in Spannung« stehen (z.B. Abendmahl, Priesterehe, Messe, Klostergelübde, Bischofsamt). Nachdem die katholischen Theologen eine Confutatio (Widerlegung) angefertigt hatten, mit der die CA aus der Sicht des Kaisers widerlegt war, verfaßte Melanchthon eine umfangreiche Apologie der CA (1531 erschienen), die zwar keine Berücksichtigung mehr fand, aber später in das Konkordienbuch als evangelisches Bekenntnis einging.

Noch ein zweites protestantische-katholisches Verhandlungsdokument fand später Eingang in die evangelischen Bekenntnisschriften: Es sind die von Luther verfaßten Schmalkaldischen Artikel von 1537, die als protestantisches Bekenntnis für das von Papst Paul III. nach Mantua einberufene, letztlich aber nicht zustande gekommene Konzil gedacht waren. Luther gliederte in dieser Schrift die Lehrartikel in drei Teile: 1. Artikel, in denen man sich mit Rom einig ist; 2. Artikel, die »in Spannung« stehen, aber für die protestantische Seite unaufgebbar sind; 3. Artikel, über die man grundsätzlich verhandlungsbereit ist. Obwohl die Artikel in Schmalkalden nicht als offizielles Bekenntnis neben der CA anerkannt wurden, sorgte die große Resonanz und Anerkennung für ihre Aufnahme in das Konkordienbuch.

Die Idee eines alle christliche Lehren umfassenden Lehrschriftenbestandes geht auf Melanchthon zurück. So stammen auch bedeutende lutherische Bekenntnisse aus seiner Feder, z.B. die Wittenberger Konkordie (1536), für Einigungsverhandlungen mit den Straßburgern verfaßt, und die für das Konzil von Trient (1545-1563) bestimmte Confessio Saxonica. Ebenfalls für Trient verfaßte J. Brenz seine "Confessio Virtembergica". Weitere lutherische Bekenntnisse entstanden in Dänemark und Schweden.

Im Zuge der nach Luthers Tod im Luthertum allseits aufbrechenden Lehrstreitigkeiten verfaßte Melanchthon ein "Corpus doctrinae Christianae" (bekannt als Corpus doctrinae Philippi), das außer den altkirchlichen Symbolen nur eigene Schriften von Melanchthon enthielt. Freilich entstanden bald darauf zahlreiche antiphilippistische Corpora doctrinae, mit denen die gnesiolutherische Seite auf die Provokation Melanchthons reagierte.

Daneben findet sich eine Fülle von Bekenntnis- und Lehrformeln, die als sog. credenda (zu glaubende Lehren) in die Kirchenordnungen der sich ausbildenden Landeskirchen eingingen.

Alle diese regionalen Einzelbemühungen verloren mit der Konkordienformel (1577) und dem Konkordienbuch von 1580 an Bedeutung. Dieses Einigungswerk setzte einen Schlußpunkt unter die Lehrstreitigkeiten innerhalb des Luthertums, allerdings um den Preis der Trennung vom reformierten Protestantismus und des Verlustes zahlreicher lutherischer Gebiete, weil eine starke Minderheit das Werk ablehnte.

Das Konkordienbuch geht zum großen Teil auf die Bemühungen der Herzöge Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel, Ludwig von Württemberg und auf die Kurfürsten August von Sachsen und Ludwig von der Pfalz zurück, sowie auf den ungeheuren persönlichen Einsatz des schwäbischen Theologen Jakob Andreae (1528-90), der jahrelang durch ganz Deutschland reiste und schließlich über 8000 Unterschriften unter der Endredaktion des Werkes zusammentrug. Das Konkordienbuch besteht aus zwei Teilen. Im ersten werden die bisherigen, von der lutherischen Reformation anerkannten bzw. entworfenen Schriften wiederholt. Neben den drei altkirchlichen Bekenntnissen ist dies an erster Stelle das Hauptbekenntnis, die CA, sodann die Apologie der CA, die Schmalkaldischen Artikel, Melanchthons Tractatus de potestate et primatu papae (Traktat über die Macht und den Primat des Papstes) sowie Luthers Kleiner und Großer Katechismus. Im zweiten Teil schließt sich die Konkordienformel an, die wiederum unterteilt ist in eine kurze Zusammenfassung aller umstrittenen Artikel (Epitome) und eine »Gründliche Erklärung« (Solida Declaratio), in der die in der Epitome aufgelisteten Artikel breit ausgeführt werden.

Es ist bei diesem Konkordienbuch gleichzeitig nicht zu verkennen, daß sich der Bekenntnischarakter gegenüber der reformatorischen Frühzeit gewandelt hat. Es geht hier weniger um ein Bekennen, bei dem der christliche Glaube und mit ihm das Heil des Menschen auf dem Spiele steht, sondern vielmehr um innerkonfessionelle Lehrdifferenzen in der Zeit der reichsrechtlichen Sicherheit nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555).



Reformierte Bekenntnisschriften

Im Bereich der reformierten Reformation liegt ein vom Luthertum grundsätzlich unterschiedenes Bekenntnisverständnis vor. Zwar gilt auch hier das Dogma der Unteilbarkeit der einen Kirche, aber anders als im Luthertum ist diese Kirche vor der endzeitlichen Vollendung nur in den zeitlich und räumlich begrenzten Partikulargemeinden und -kirchen sichtbar. Entsprechend kann auch ein Bekenntnis nur das konfessionelle Selbstverständnis einer bestimmten Gemeinde in ihrer Zeit und an ihrem Ort zum Ausdruck bringen und keine zeitlose und universale Allgemeingültigkeit beanspruchen (vgl. dazu das Schlußwort der Confessio Helvetica Prior von 1536).

Das Prädikat »reformiert« bezieht sich deshalb auch nicht auf ein Bekenntnis, sondern auf die Kirche, die »nach Gottes Wort reformiert« worden ist und immer neu reformiert werden muß. Schon von daher ist es verständlich, daß es in den reformierten Kirchen nicht zu Bekenntnisschriften im engeren Sinne analog dem lutherischen Konkordienbuch gekommen ist. Die unternommenen Sammlungen reformatorischer Bekenntnisse wie z.B. die Harmonia confessionum fidei orthodoxarum et reformatarum ecclesiarum (1581), das Corpus et syntagma confessionum fidei (1621) oder die Formula consensus Helvetica (1675) konnten sich auf lange Sicht nicht durchsetzen und blieben somit Privatinitiativen.

Die reformierten Kirchen besitzen traditionell eine große Freiheit in der Preisgabe alter und Annahme neuer Bekenntnisse. So konnten zeitweise auch Dokumente wie die Institutio Calvins oder im 20. Jh. die Barmer Theologische Erklärung (1934) den Rang einer Bekenntnisschrift erringen. Eine umfangreiche Sammlung von 58 reformatorischen Bekenntnisschriften bietet E.F.K. Müller (Bekenntnisschriften der reformierten Kirchen, 1903).

Auch für die Anfänge der Schweizer Reformation war das Bekenntnis Ausdruck reformatorischer Identität. Schon 1523 wurden Zwinglis Disputationsthesen wegweisend für die Zürcher Reformation. Ein klassisches Dokument der deutsch-schweizer Reformation stellen die "Berner Thesen" von 1528 dar, die von Zwinglis Freunden B. Haller und F. Kolb verfaßt und von ihm selber begutachtet wurden. Sie dienten als Grundlage der Berner Disputation, in deren Folge Bern zur Reformation überging.

Ein erstes Bekenntnis im eigentlichen Sinne war die "Confessio Tetrapolitana" von M. Bucer und W. Capito, mit der sich die vier oberdeutschen Reichsstädte Straßburg, Konstanz, Lindau und Memmingen auf dem Reichstag in Augsburg (1530) zum reformatorischen Glauben bekannten.

Für die Zusammenführung der Genfer und Zürcher Reformation ist die zwischen Calvin und Zwinglis Nachfolger Bullinger geschlossene Unionsformel des "Consensus Tigurinus" (1549) von Bedeutung, die sich sowohl gegen die römisch-katholische wie gegen die lutherische Sakramentslehre abgrenzte.

Das Reformiertentum in den anderen europäischen Ländern brachte seine Überzeugungen in eigenen, oft von Calvin maßgeblich beeinflußten, Bekenntnissen zum Ausdruck. So entstanden z.B. unter den französischen Hugenotten die "Confessio Gallicana" (1559), die streng calvinistische "Confessio Scotica" (1560) von John Knox, die "Confessio Belgica" (1561) für den niederländischen Protestantismus, sowie eine Reihe osteuropäischer reformierter Bekenntnisse.

Für das deutsche Reformiertentum bekam vor allem der "Heidelberger Katechismus" (1562) des Heidelberger Theologieprofessors Zacharias Ursinus eine größere Bedeutung, dessen gemäßigt reformierten Charakter schon durch die Aufnahme von Elementen aus Melanchthons Pfarrerexamen und Luthers Kleinem Katechismus deutlich wird. Er verbreitete sich rasch auch in anderen reformierten Kirchen Europas und wurde 1618/19 von der Dordrechter Synode als Bekenntnisschrift anerkannt, deren antiarminianischen Artikeln selbst oft der Status einer Bekenntnisschrift zuerkannt wurde.

Vielleicht das bedeutendste reformatorische Bekenntnis der Reformationszeit ist das "zweite Helvetische Bekenntnis" von 1566 (Confessio Helvetica Posterior) geworden. Ein 1561 vom Zürcher Reformator Heinrich Bullinger anläßlich einer Pesterkrankung als persönliches theologisches Testament verfaßtes Bekenntnis wurde 1566 von Genf und den deutsch-schweizer Orten als gemeinsames Bekenntnis anerkannt. Schon bald erklärten auch andere reformatorische Kirchen Europas ihre Zustimmung (Schottland, Polen, Ungarn, später Österreich und im 20. Jh. die Tschechoslowakei, Jugoslawien und Rumänien). Es stellt somit eine reformatorische Bekenntnisschrift von internationalem Rang dar.

Als letzte der reformierten Kirchen Europas gelangte das angelsächsische Reformiertentum zur Bekenntnisbildung. Die in streng puritanischem Geist gestaltete Westminster-Confession von 1647 ist ein Ergebnis der englischen Revolution. Zentrum ist die calvinistische Prädestinationslehre, den Aufbau bestimmt die ref. Bundestheologie. Als Bekenntnis vor allem des presbyterianischen und kongregationalistischen Zweiges wurde es eine der Grundlagen der angelsächsischen Freikirchen in Amerika.



Die anglikanische Bekenntnisschrift

Die grundlegende Bekenntnisschrift der Kirche von England wurde das "Book of Common Prayer". Es wurde 1549 von Erzbischof Thomas Cranmer verfaßt und 1552 zunächst in calvinistischem, später in katholischem Sinn revidiert. Seinen Kern bilden die "39 Articles of Faith", die zunächst nach der CA, 1562 nach der "Confessio Virtembergica" von J. Brenz gestaltet wurden.



Quelle:

Evangelische Lexikon für Theologie und Gemeinde, Band 1, Wuppertal: R. Brockhaus, 1992



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Ins Netz gesetzt am 23.02.2006; letzte Änderung: am 06.05.2010
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